Ich bleibe mal noch bei Pompeji, um zu zeigen, was ich meine.
Goethe schrieb am 11.3.1787 folgendes:
"Neapel.Pompeji
Neapel, Sonntag, den 11. März 1787
Da mein Aufenthalt in Neapel nicht lange dauern wird, so nehme ich gleich die entfernteren Punkte zuerst, das Nähere gibt sich. Mit Tischbein fuhr ich nach Pompeji, da wir denn alle die herrlichen Ansichten links und rechts neben uns liegen sahen, welche, durch so manche landschaftliche Zeichnung uns wohlbekannt, nunmehr in ihrem zusammenhängenden Glanze erschienen. Pompeji setzt jedermann wegen seiner Enge und Kleinheit in Verwunderung. Schmale Straßen, obgleich grade und an der Seite mit Schrittplatten versehen, kleine Häuser ohne Fenster, aus den Höfen und offenen Galerien die Zimmer nur durch die Türen erleuchtet. Selbst öffentliche Werke, die Bank am Tor, der Tempel, sodann auch eine Villa in der Nähe, mehr Modell und Puppenschrank als Gebäude. Diese Zimmer, Gänge und Galerien aber aufs heiterste gemalt, die Wandflächen einförmig, in der Mitte ein ausführliches Gemälde, jetzt meist ausgebrochen, an Kanten und Enden leichte und geschmackvolle Arabesken, aus welchen sich auch wohl niedliche Kinder- und Nymphengestalten entwickeln, wenn an einer andern Stelle aus mächtigen Blumengewinden wilde und zahme Tiere hervordringen. Und so deutet der jetzige ganz wüste Zustand einer erst durch Stein- und Aschenregen bedeckten, dann aber durch die Aufgrabenden geplünderten Stadt auf eine Kunst- und Bilderlust eines ganzen Volkes, von der jetzo der eifrigste Liebhaber weder Begriff, noch Gefühl, noch Bedürfnis hat.
Bedenkt man die Entfernung dieses Orts vom Vesuv, so kann die bedeckende vulkanische Masse weder durch ein Schleudern noch durch einen Windstoß hierher getrieben sein; man muß sich vielmehr vorstellen, daß diese Steine und Asche eine Zeitlang wolkenartig in der Luft geschwebt, bis sie endlich über diesem unglücklichen Orte niedergegangen.
Wenn man sich nun dieses Ereignis noch mehr versinnlichen will, so denke man allenfalls ein eingeschneites Bergdorf. Die Räume zwischen den Gebäuden, ja die zerdrückten Gebäude selbst wurden ausgefüllt, allein Mauerwerk mochte hier und da noch herausstehen, als früher oder später der Hügel zu Weinbergen und Gärten benutzt wurde. So hat nun gewiß mancher Eigentümer, auf seinem Anteil niedergrabend, eine bedeutende Vorlese gehalten. Mehrere Zimmer fand man leer und in der Ecke des einen einen Haufen Asche, der mancherlei kleines Hausgeräte und Kunstarbeiten versteckte.
Den wunderlichen, halb unangenehmen Eindruck dieser mumisierten Stadt wuschen wir wieder aus den Gemütern, als wir, in der Laube zunächst des Meeres in einem geringen Gasthof sitzend, ein frugales Mahl verzehrten und uns an der Himmelsbläue, an des Meeres Glanz und Licht ergötzten, in Hoffnung, wenn dieses Fleckchen mit Weinlaub bedeckt sein würde, uns hier wiederzusehen und uns zusammen zu ergötzen.
Näher an der Stadt fielen mir die kleinen Häuser wieder auf, die als vollkommene Nachbildungen der pompejanischen dastehen. Wir erbaten uns die Erlaubnis, in eins hineinzutreten, und fanden es sehr reinlich eingerichtet. Nett geflochtene Rohrstühle, eine Kommode ganz vergoldet, mit bunten Blumen staffiert und lackiert, so daß nach so vielen Jahrhunderten, nach unzähligen Veränderungen diese Gegend ihren Bewohnern ähnliche Lebensart und Sitte, Neigungen und Liebhabereien einflößt."
Abgesehen davon, dass es für mich wie für alle anderen keinen Gund gibt, Goethes Italienreise für ein Theater zu halten - es wäre etwa so, als würde man den Millionen gefolterten und gemordeten Menschen zurufen: Ist doch alles nur Theater, macht nicht so ein Geschrei und so ein Geschiß - findet man in diesem Brief tatsächlich konkrete Anhaltspunkte für ein viel jüngeres Pompeji.
"Näher an der Stadt fielen mir die kleinen Häuser wieder auf, die als vollkommene Nachbildungen der pompejanischen dastehen...so daß nach so vielen Jahrhunderten, nach unzähligen Veränderungen diese Gegend ihren Bewohnern ähnliche Lebensart und Sitte, Neigungen und Liebhabereien einflößt"
Ja gab es denn kein Mittelalter, möchte man da hineinfragen?
"Diese Zimmer, Gänge und Galerien aber aufs heiterste gemalt, die Wandflächen einförmig, in der Mitte ein ausführliches Gemälde,
jetzt meist ausgebrochen..."
"Jetzt meist ausgebrochen", das wäre ein Indiz für neu gemachte Fresken an den ausgebrochenen Stellen, denen Ingwer im Rahmen seiner unbelegten Behauptungen nachgehen müsste.
"Und so deutet der jetzige ganz wüste Zustand einer erst durch Stein- und Aschenregen bedeckten, dann aber durch die Aufgrabenden geplünderten Stadt auf eine Kunst- und Bilderlust eines ganzen Volkes..."
Ja, das sind Anhaltspunkte.
Man kann auch nicht einfach behaupten, dass Philipp Hackert, den Goethe am 28.2.1787 traf ein Pseudonym des jüngeren englischen Malers Frederic Watts war:
"Neapel.
Philipp Hackert
Neapel, den 28. Februar 1787.
Heute besuchten wir Philipp Hackert, den berühmten Landschaftsmaler, der eines besondern Vertrauens, einer vorzüglichen Gnade des Königs und der Königin genießt. Man hat ihm einen Flügel des Palasts Francavilla eingeräumt, den er mit Künstlergeschmack möblieren ließ und mit Zufriedenheit bewohnt. Es ist ein sehr bestimmter, kluger Mann, der bei unausgesetztem Fleiß das Leben zu genießen versteht." Goethe
Viel wichtiger wäre in Ingwers These der Beleg, dass Hackert auch die Gunst des Königs zu gunsten neuer Fresken in Pompeji erwirkte. Selbst wenn das Bild vom Vesuvausbruch, das vor noch nicht allzulanger Zeit von Krönig? entdeckt wurde, von Watts stammen würde, wäre das ein ganz alltäglicher Vorgang. Das Bild kann man derzeit käuflich erwerben. Ich glaube kaum, dass es als Werk von Watts billiger zu haben wäre.
www.artnet.de/artwork/425954749/115011/j...n-the-year-1774.html
www.kunstmarkt.de/pages/kue/kuenstler_po...richt.html?id=122754
usw.
books.google.de/books?id=iMK4vSkawjkC&pg...esuvausbruch&f=false
Soviel nur mal zu Hackert.
Sorry Ingo, aber da muss schon wesentlich mehr kommen, damit man nicht glaubt, Du selbst bist und willst das Kasperletheater. Ich meine das ernst und nicht spaßhaft, denn Du hast sicher viel Zeit in Deine These investiert und Geschichtsinterpretation sollte auch einen ernsthaften Aspekt haben. Gerade deshalb halte ich es für dringend notwendig, dass Du seriös und transparent arbeitest, Deine Quellen nennst und Deine Argumente vollständig und stringent vorträgst. Dann macht Dein Copyright womöglich auch Sinn!