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Durch die unterschiedlichen Stellungen der Indikatoren konnten insgesamt 4095 verschiedene Zeichen gebildet werden.
Der „entgegensehende Telegrafist“ („Spähtelegraphist“) beobachtete mit einem fest eingebauten Fernrohr (Vergrößerung 40- bis 60-fach, H.-J. PAECH nach Vortrag Arlt 2006) die Nachbarstationen, ungefähr 4 bis 5 Mal in der Minute, damit ihm von dort kein Signal entging. Wurde dort ein Signal eingestellt, diktierte der Beobachter dieses an den „Telegrafisten an der Steuerung“ („Kurbeltelegrafist“) weiter, der die Indikatoren dementsprechend einstellte. Anschließend wurde kontrolliert, ob die nächste Station richtig verstanden hatte. Jede Nachricht wurde protokolliert wodurch die Übertragungsgeschwindigkeit gemindert wurde (HJP nach Vortrag Arlt 2006).
„Die mittlere Übertragungsgeschwindigkeit betrug wohl eineinhalb Zeichen pro Minute. Bei gutem Wetter benötigte ein Signal von Berlin nach Koblenz etwa siebeneinhalb Minuten. Am 17.03.1848 war eine 30 Worte lange Depesche rund eineinhalb Stunden unterwegs.
Die beschränkte Übertragungskapazität – Schätzungen reichen von zwei bis zu freilich beachtlichen sechs Telegrammen pro Tag – mag ein Grund dafür gewesen sein, den Telegrafen ausschließlich der Staatskorrespondenz vorzubehalten. Ein Antrag der Berliner Kaufmannschaft um Freigabe der Linie für die Übermittlung von Börsenkursen und Handelsnachrichten wurde durch Kabinettsorder vom 15.04.1835 abgelehnt“ (Beyrer 1995: S. 184).
Zum Uhrenvergleich der 62 Stationen wurde alle 3 Tage einmal zu einer vollen Stunde ein Zeichen durchgegeben, das man eine Art Zeitzeichen nennen könnte. Es war die Armstellung B4, d. h. nur ein Arm war um den kleinstmöglichen Winkel (45°, aus der 180°-Position in die 135°-Position) zu schwenken.
Dieses Zeichen wurde in Berlin gegeben und lief in knapp einer Minute durch bis Koblenz. Die Berliner Zeit galt als Einheitszeit auf der Telegraphenlinie, weil alle Stationen zu diesem Zeitpunkt mit höchster Konzentration arbeiteten! Dies konnte man messen, da von Koblenz aus sofort die Kontrollmeldung zurück nach Berlin erfolgte. Die Berliner Zeit diente auf der Telegraphenlinie als Einheitszeit. Nach ihr wurden die in den Stationen genutzten Schwarzwälder Uhren mit Schlagwerk gestellt.
Bisher war die Tageszeit immer nach dem lokalen Mittagssonnenstand angegeben worden, weil beim gewöhnlichen Nachrichtenaustausch durch Boten der Zeitunterschied nicht fühlbar in Erscheinung getreten war. Nun konnte man von Berlin bis Koblenz eine kurze Meldung in wenigen Minuten durchgeben. Der Unterschied der lokalen Zeit (gemessen durch Sonnenuhren) beträgt von Ost nach West in diesem Fall aber etwa +26 Minuten. Der Schnellnachrichtenverkehr erforderte aber ein gleichzeitiges Zusammenarbeiten auf der ganzen Linie, damit z. B. die einzelnen Depeschen mit einem Zeitstempel versehen werden konnten. So kam es jetzt in Preußen zu der kulturgeschichtlichen Innovation, dass die "Berliner Zeit" als Einheitszeit auf der Linie Berlin – Koblenz eingeführt wurde (Sukkau 2010).
Eine Depesche von 30 Worten benötigte für die Durchgabe von Berlin nach Köln ~90 Minuten.
Eine Depesche von Paris nach Berlin war etwa 30 Stunden unterwegs. Sie gelangte über den französischen Telegraphen von Paris bis Metz, von dort mit Eilstafette über Saarbrücken nach Koblenz und von dort wiederum per Telegraph nach Berlin (
www.oeynhausen.com
, 31.07.07).
Vermittelt wurden nur Nachrichten, die dienstlicher oder staatlicher Art waren. Sie konnten in Berlin, Köln oder Koblenz in dem Büro der Linie aufgegeben werden, aber nur von solchen Personen oder Behörden, die das Recht dazu vom König verliehen bekommen hatten.
Die Stationen konnten nur bei gutem Wetter Nachrichten weitergeben. Sie arbeiteten ca. 6 Stunden pro Tag. Versuche, auch nachts mit Hilfe von Lichtzeichen zu arbeiten, waren nicht erfolgreich genug (
www.oeynhausen.com
, 31.07.07).