Die Systeme der Namen der römisch-deutschen und französischen Könige des Hochmittelalters

1. Das römisch-deutsche System der Königsnamen von 911 bis 1313

1.1. Das System

Viele Fälschungen kann man an Auffälligkeiten erkennen, z.B. Regelmäßigkeiten und Mustern, die es bei zufällig ablaufender Geschichte nicht geben dürfte. Ein solches Muster ist das der Namen der römisch-deutschen Könige im Hochmittelalter, das im Folgenden analysiert und beschrieben wird. Auf numerologische und andere Interpretationen wird an dieser Stelle nicht eingegangen.

Die Namen der römisch-deutschen Könige des Hochmittelalters von 911 bis 1313 folgen folgendem Muster:
1. Konrad
2. Heinrich
3. Liste beliebiger (und dynastietypischer) Namen
4. Heinrich

Dieses Muster wiederholt sich in der genannten Zeit insgesamt viermal.

Der einzige König aller 31 Könige dieser Zeit, der nicht in das System paßt, ist Lothar III.. Er steht zwischen dem 2. Abschnitt, der mit Konrad II. beginnt, und dem 3. Abschnitt, der mit Konrad III. beginnt.

Das System der Reihenfolge aller Könige, geordnet nach Krönungs- bzw. Wahljahr, sieht also wie folgt aus:

Anno Domini 911:
Konrad I.
Heinrich I.
Otto I. -> Otto II. -> Otto III.
Heinrich II.

+ 113 (+/- 1) Jahre (A.D. 1024):
Konrad II.
Heinrich III.
Heinrich IV. -> Konrad (III.) -> Rudolf von Rheinfelden -> Hermann von Salm
Heinrich V.

(Lothar III.)

+ 113 (+/- 1) Jahre (A.D. 1138):
Konrad III.
Heinrich (VI.)
Friedrich I. -> Heinrich VI. -> Philipp von Schwaben -> Otto IV. -> Friedrich II.
Heinrich (VII.)

sowie danach:
Konrad IV.
Heinrich Raspe
Wilhelm von Holland -> Richard von Cornwall -> Alfons von Kastilien -> Rudolf I. -> Adolf von Nassau -> Albrecht I.
Heinrich VII.
1313

 

1.2. Weiteres zur inneren Struktur des Systems

a)
Die Differenz der Anzahl der Könige von Abschnitt x zu Abschnitt x+1 ist immer 1, d.h. die Anzahl der Könige steigt in jedem der vier Abschnitte jeweils um 1.

b)
Außerdem gibt es eine Unterteilung der Zeit von 911 bis 1250 (339 Jahre) in drei gleich lange Abschnitte mit jeweils 113 Jahren (+/- 1), die jeweils die gekrönten Könige dieser Zeit umfassen. Diese drei Abschnitte beginnen jeweils mit einem allein herrschenden König Konrad , dem Königsnamen nach dem beschriebenben Muster folgen und dessen zuletzt gekröntem König ein König Konrad des Folge-Abschnitts folgt.

Den Übergang vom dritten zum vierten Abschnitt (ab Konrad IV.) erläutere ich kurz. Die Reihe der Königskrönungen im dritten 113-Jahres-Abschnitt (1138-1250) ist gemäß Muster endgültig mit dem Staufer Heinrich (VII.) abgeschlossen, Krönung 1222 in Aachen. Er starb aber vor Friedrich II., so daß Friedrichs Tod 1250 hier das Ende aller gekrönten Könige dieses Abschnitts markiert.

Nach System folgt dann dem letzten gekrönten König des dritten Abschnitts mit Namen Heinrich ein Konrad des Folgeabschnitts, Konrad IV., der zwar gewählt, aber nicht gekrönt wird, und zwar im Jahre 1237. Nach ihm folgt nach dem Muster wieder ein Heinrich, Heinrich Raspe, gewählt 1247, aber auch nicht gekrönt. Danach folgen nach 1250 sechs Könige mit beliebigen Namen. Am Ende folgt dann wieder ein Heinrich, Heinrich VII., der bis 1313 herrscht.

c)
Beginnend vom Ende des 3. Abschnitts 1250 (Tod von Friedrich II.) stirbt exakt alle 113 Jahre zuvor der König, der vor einem allein herrschenden König Konrad regierte, das insgesamt dreimal.
Lothar III. (1137) -> Heinrich II. (1024) -> Ludwig IV. (911)

 

1.3. Die Könige vor und nach dem System

Das System umfaßt 403 Jahre von 911 bis 1313.
So wie der letzte König vor dem System ein Ludwig IV. war (900-911), so ist auch ein Ludwig IV. der erste König nach dem System (1314-1347).

Aber diese Könige haben noch mehr erstaunliche Gemeinsamkeiten außer dem gleichen Namen und der gleichen Nummerierung:
1) Beide waren Herzöge von Bayern.
2) Zudem stammen beide auch noch aus Oberbayern - die offiziellen Geburtsorte München und Altötting liegen 90 Kilometer auseinander.
3) Der Wittelsbacher Ludwig IV. starb ca. 25 km westlich von München, der Todesort des letzten karolingischen Ostfrankenkönigs Ludwig IV., genannt "das Kind", ist unbekannt.

403 Jahre nach dem Tod des letzten Königs Ludwig IV. vor dem System im Jahre 911 beginnt also König Ludwig IV. nach dem System im Jahre 1314 seine Herrschaft.

Übrigens hieß auch der erste König des Ostfrankenreiches nach der Teilung von Verdun 843 Ludwig, Ludwig II. (Ludovicus II "Germanicus"), der sich selbst "König der Bayern" nannte. Dieser hatte Bayern bereits bei der Reichsteilung von 817 (Ordonatio Imperii) erhalten.

Bei der Teilung von Verdun 843 erhielten Ludwig II. das Ostfrankenreich, Lothar I. das Mittelreich, und Karl der Kahle das Westfrankenreich. Die Position Ludwigs im System der Könige des Hochmittelalters haben wir oben gesehen. Lothar war die einzige Ausnahme, genau in der Mitte zwischen dem 1. und 2. sowie dem 3. und 4. Abschnitt. Und Karl werden wir noch im System der Könige Frankreichs wiederbegegnen, wo er dieselbe Rolle spielt wie Ludwig im System der römisch-deutschen Könige.

Interessant ist weiterhin, daß weder der Name Konrad noch der Name Heinrich vor oder nach dieser Zeit als ostfränkische oder römisch-deutsche Königsnamen auftauchen – gewissermaßen genau im Gegensatz zum Namen Karl, bei dem es genau umgekehrt ist. Es gibt nämlich während des Hochmittelalters nicht nur keinen einzigen König mit Namen Karl, nein, kein einziges Mitglied einer Herrscherdynastie trägt den Namen Karl. Kein einziger Konradiner, Ottone, Salier, Welfe, Nassauer, Wittelsbacher, Habsburger, Luxemburger oder Staufer usw. trug bis zu Karl IV. (geb. 1316) den Namen Karl. Der eigentliche Name (Taufname) des ersten ostfränkischen/römisch-deutschen Adligen seit 911 mit späterem Namen Karl ist außerdem auch Wenzel, bzw. Vaclav/Venceslaus. Wenzel wurde 1316 in Böhmen geboren, wuchs in Paris auf, und erhielt vom dortigen König Karl IV. den Namen "Karl". So wurde Wenzel 1346 als Karl IV. römisch-deutscher König, und später Kaiser. Danach taucht der Name Karl recht häufig auf.

Auch in Frankreich trägt seit den Karolingern bis ins 13. Jahrhundert fast 300 Jahre lang kein Kapetinger, einschließlich der Nebenlinien Valois, Anjou usw., den Namen Karl. Erster König mit Namen Karl ist wie im HRR ein Karl IV.(1322-1328). Nach ihm taucht der Name Karl auch in Frankreich recht häufig auf.



1.4. Ein paar wichtige Zahlen, aber keine Mystik

In den 403 Jahren von 911-1313 hatten die 31 Könige 13 verschiedene Namen.
Da überrascht es fast gar nicht, wenn man feststellt, daß auch 31 x 13 = 403 ist.

Die 113, die Dauer der drei Abschnitte der gekrönten römisch-deutschen Könige in Jahren (insgesamt 339 Jahre), ist die 31. Primzahl (die 1 nach Zählung der frühen Neuzeit mitgezählt).
Bei so vielen 1en und 3en und ihren vielfältigen Kombinationen (13, 31, 113, 339, 1313) ist man fast schon beim nächsten System, dem Frankreichs.
Vorab sei deswegen gesagt: 131, die Länge der drei Abschnitte in Frankreich in Jahren, ist die 33. Primzahl (wieder die 1 nach Zählung der frühen Neuzeit mitgezählt).
Und 3 x 131 = 393, die gesamte Dauer des Systems in Jahren.

 

2. Das französische System der Königsnamen von 929 bis 1322

2.1. Das System

Den Schwerpunkt des Artikels bildet eindeutig das römisch-deutsche System, da die Struktur des französischen nicht so deutlich ausgeprägt ist, aber trotzdem erkennbar. Die Geschichte der Könige Frankreichs des Hochmittelalters von 929 bis 1322 kann man in 3 Abschnitte zu je 131 Jahren unterteilen (3 x 131 = 393 Jahre).

Was in Deutschland Ludwig IV. ist, also der König, der direkt vor und nach dem System herrscht, ist in Frankreich offensichtlich Karl III./IV..Der Beginn ist also im Jahre 929, dem Todesjahr des letzten Karl vor dem System, von König Karl III., dem Einfältigen.
393 Jahre später ist das Ende, im Jahre 1322. In diesem Jahr beginnt der erste Karl nach dem System, Karl IV., seine Herrschaft.

Interessanterweise wird der Karolinger Karl III. genau 6 Jahre vor seinem Tod abgesetzt, und der Kapetinger Karl IV. wird genau 6 Jahre vor seinem Tod König. Und wie auch bei den römisch-deutschen Königen ist der erste König nach dem System zugleich auch der letzte seiner Dynastie.

 

2.2 Die Struktur innerhalb des Systems

Innerhalb der 393 Jahre sind die letzten 2 Abschnitte von zusammen 2 x 131 Jahren ab dem Jahre 1060 deutlich vom ersten 131-Jahres-Abschnitt getrennt. In Frankreich herrschen von 1060-1322 als Könige nur Philipps und Ludwigs, natürlich abwechselnd. Und wenn mal zwei Ludwigs nacheinander dran sind, folgen prompt auch zwei Philipps.
Einzige Ausnahme 1316: König Postumus (le Posthume), 1050 Jahre nach dem gleichnamigen Kaiser des Imperium Galliarum im "3. Jh.".
In den ersten 131 Jahren habe ich bislang noch keine innere Struktur erkennen können.

Dies ist also das französische System der Königsnamen:

Tod Karls III.
Anno Domini 929:
(Rudolf v.Burgund -> Ludwig IV. -> Lothar -> Ludwig V. -> Hugo Capet -> Robert II. -> Hugo -> Heinrich I.)

+ 131 Jahre (A.D. 1060):
Philipp I.
Ludwig VI.
Philipp
Ludwig VII.
Philipp II.
Ludwig VIII.
Ludwig IX.
Philipp III.
Philipp IV.
Ludwig X.
(Johann I. le Posthume/Postumus)
Philipp V.

1322 (Ablauf von 3 x 131 Jahren)
Karl IV.

 

Literatur:
Auf eine ausführliche Liste wird an dieser Stelle verzichtet. Alle genannten Daten sind verfügbar in der
- "Monumenta Germaniae Historica", entsprechende Einträge zu den genannten Königen,
- MGH digital = http://bsbdmgh.bsb.lrz-muenchen.de/dmgh_new/ ,sowie
- wikipedia-Artikel zu den genannten Königen

 

 

Mario Arndt, 13.11.2010

 

 

 

Diskutiert diesen Artikel im Forum (1 Antworten).