Frankreich 800-1600: Die Königsreihe, Teil 2

Dies ist die Fortsetzung des Artikels   Frankreich 800-1600: Die Königsreihe, Teil 1

Inhalt:

Ausgangspunkt  –  Drei Könige  –  Das 17. Jahrhundert  –  Die Bourbonen und Ludwig IX.  –  Ludwig IX. und das Bild  –  Ludwig IX. und Christus  –  Christus und Alexander  –  Zahlen und Bezüge  –  Weiteres  –  Zusammenfassung  –  Quellen.

Ausgangspunkt

Am Ende des ersten Artikelteiles hatten wir in den Namensgruppen der französischen Könige folgendes Bild entdeckt:

Abbildung: Die Namensgruppen und -systeme mit dem eingezeichneten Bild, zwecks besserer Kenntlichkeit etwas gestaucht.

Was ist hier zu sehen? Oben das Venussymbol, unser heute noch verwendetes Zeichen für Frau, Weiblichkeit. Alternativ das Anch, das altägyptische Henkelkreuz. Unten eine kleinere Spiegelung von oben, oder für sich genommen ein Reichsapfel; das Zeichen steht heute auf Landkarten für christliche Stätten (Kirchen, Klöster, Bistumssitze). Wir wollen es bis auf Weiteres Kugelkreuz nennen.

Könnten wir uns etwas einbilden? Schließlich haben wir das Bild nur unserer besonderen Gliederung und Darstellung der Königsliste zu verdanken, die zwar naheliegend, aber natürlich nicht zwingend ist. Versuchen wir daher, das Bild zu belegen.

Zunächst durch Zählen: das obere Zeichen wird durch 31 Könige, das untere durch 13 Könige gebildet, die Trennung erfolgt durch drei, die Rahmung durch zwei einzelne Könige. Die klassischen 1&3er Zahlen also. Dadurch ist das Bild als solches noch nicht angezeigt, aber doch eine beabsichtigte klare Teilung in einen oberen und einen unteren Bereich, die irgendeinen bedeutenden Zweck erfüllen muss.

Drei Könige

In den Mittelpunkten der Kreise stehen zwei Könige, ein Karl oben und ein Heinrich unten, das sind Karl III. (893-929) und Heinrich II. (1547-1559) Diese beiden sollen durch das Bild (sollte es nicht nur Trug sein) anscheinend in Beziehung zueinander gesetzt werden. Es liegen tatsächlich eindeutige Gemeinsamkeiten vor:

Karl III.

  • ist zunächst nicht als Thronfolger vorgesehen,
  • besiegt die Normannen (911; belehnt sie mit der Normandie, von wo aus sie später England erobern),
  • gewinnt Lothringen vom ostfränkischen Reich (911; dessen König Heinrich versucht später erfolgreich die Rückeroberung),
  • kann sich den Besitz Lothringens durch Heinrich von Sachsen bestätigen lassen (921),
  • wird auf Jahre gefangengenommen (923-929, auch als Geisel/Druckmittel).
  • hat drei karolingische Nachfolger, bevor sein Haus ausstirbt.

Heinrich II.

  • ist zunächst nicht als Thronfolger vorgesehen,
  • wird auf Jahre gefangengenommen (1526-1530, als Geisel/Druckmittel),
  • bekommt von Moritz von Sachsen den Besitz der lothringischen Reichsstädte zugesichert (1552, Vertrag von Chambord),
  • besetzt diese Städte (Metz, Toul, Verdun, 1552; Kaiser Karl V. versucht später erfolglos die Rückeroberung) und auch das Herzogtum Lothringen,
  • besiegt die Engländer (1557/58, Gewinn von Calais).
  • hat als Nachfolger drei seiner Söhne, bevor sein Haus ausstirbt.

Auffällig ist auch der zeitlich umgekehrte, also gespiegelte Ablauf der Ereignisse.

Die addierte Regierungszeit beider Könige beträgt 48 Jahre; ein von uns nachgewiesenes französisches Strukturjahrespaket. Herrschaftsantritt Karls (893) und der Tod Heinrich (1559) liegen 666 Jahre auseinander. Diese Zahl hat seit der Johannesoffenbarung keine gute Presse, aber um sie geht es gar nicht. Entscheidend ist hier vielmehr das durch +-333 erreichte Mitteljahr 1226, in dem Ludwig IX. der Heilige König wurde. 333 ist natürlich wieder eine 1&3er-Zahl (3*111) und vielleicht als Erweiterung der 33 zu sehen, die wir, wie die 48, schon hatten.

Ludwig der Heilige war uns ja bereits als Kreuzfahrer und Nazarethpilger untergekommen. Auch er

  • ist zunächst nicht als Thronfolger vorgesehen,
  • wird gefangengenommen (1250, jedoch nur 31 [!] Tage lang),
  • besiegt die Engländer (1230/1243).

Lothringen freilich lässt er unangetastet. Erwähnenswert ist jedoch, dass Ludwig 1214 geboren wurde, im Jahr der Schlacht bei Bouvines, als der französische König Philipp II. über den deutschen Kaiser Otto IV. triumphierte. Er hat drei Könige aus der Philipp-Ludwig-Gruppe als Nachfolger, bevor die nächste Gruppe folgt.

Parallelen sind also gegeben, aber mit Einschränkungen. Ludwigs Bedeutung an dieser Position scheinen über den Bezug zu Karl und Heinrich hinauszugehen.

Abbildung: Karl III., Ludwig IX., Heinrich II.

Überprüfen wir noch die aus dem Tod Karls (929) und dem Herrschaftsantritt Heinrichs (1547) durch +-309 errechnete Mitte 1238 AD. In diesem Jahr erwirbt Ludwig der Heilige bedeutende Reliquien Christi: die Dornenkrone und Teile des Heiligen Kreuzes und der Heiligen Lanze. Wenn man versuchsweise die Bilder der Hauptreliquien Dornenkrone und Kreuz als zusammenfügt, ergibt sich das Kugelkreuz.

Es konnte gezeigt werden, dass die durch das ausgemachte Bild in Beziehung gesetzten Könige Karl und Heinrich eindeutige Parallelen aufweisen, die, soweit wir sehen können, anderweitig nicht zu begründen sind. Es wird erneut Ludwig der Heilige in den Mittelpunkt gerückt, der gemeinhin als der wohl bedeutendste französische König des Mittelalters gilt.

Das Auftauchen des Bildes ist also kein Zufall. Ganz sicher können wir aber erst sein, wenn wir es sinnvoll gedeutet haben.

Das 17. Jahrhundert

Was sagt uns die bisherige Erfahrung mit Königslisten? Mario Arndt konnte bei seiner Analyse der deutschen Königsliste Kaiser Lothar III. als Mittelpunkt ausmachen, der Autor im englischen Fall die Kaiserinwitwe Mathilde. Mit diesen Herrschern haben die Geschichtserfinder offensichtlich Bezüge zum 16. Jahrhundert eingebaut. Lothar spielte auf Martin Luther und seine prägende Rolle für Deutschland an, Mathilde auf das ungewöhnliche, langjährige und noch dazu erfolgreiche „Weiberregiment“ Elisabeths I.

Lässt sich unser Bild auf das Frankreich der frühen Neuzeit beziehen? Durchaus. Die Lösung liegt in der zweimaligen Regentschaft von Königswitwen für ihre jungen Söhne. Bevor wir die konkreten Personen nennen, zuerst die hier geltende Bilddeutung: Im oberen Bildteil ist das Venussymbol zu sehen, im unteren Bild der Reichsapfel als Königssymbol. Der Größenunterschied ist wichtig: die große, mächtige Frau und der (noch) kleine, künftige König.

Einwand: steht der Reichsapfel nicht eher für einen Kaiser als für einen König? Eigentlich ja, aber schon im ausgehenden Mittelalter verwischte sich diese eindeutige Zuordnung. Zudem galt in Frankreich das schon unter Ludwig dem Heiligen (wem sonst?) formulierte Selbstverständnis: Der König Frankreichs ist in seinem Königreich Kaiser, denn er erkennt in weltlichen Fragen keinen Oberherren an (Jean de Blanot, 1256). Das galt zur Zeit des beginnenden Absolutismus erst recht.

Um wen geht es?

  • Maria von Medici (1575-1642) war die Ehefrau des ersten Bourbonenkönigs Heinrich IV. Als dieser 1610 starb, übernahm sie für ihren neunjährigen Sohn Ludwig XIII. die Regentschaft.
  • Anna von Österreich (1601-1666) wurde Gattin Ludwigs XIII. und Mutter des späteren Sonnenkönigs. Nachdem ihr Mann 1643 gestorben war, regierte sie, bis Ludwig XIV. 1651 volljährig wurde.

Beide Königinnen herrschten durchaus machtbewusst als „große Frauen“. Maria wollte auch nach der erklärten Volljährigkeit Ludwigs XIII. 1614 die Fäden in der Hand behalten; nach langen, dramatischen Auseinandersetzungen mit ihm musste sie 1631 ins Ausland fliehen. Anna dagegen bestimmte im Einvernehmen mit ihrem Sohn noch bis 1661 die Politik Frankreichs.

Bei beiden Frauen steht das Venussymbol nicht nur für ihre rein geschlechtliche Weiblichkeit, sondern für Eigenschaften, die mythologisch oder astrologisch der Venus zugeordnet werden: Reichtum, Friede, Kunst, Schönheit. Maria stammt aus dem schwerreichen Haus der Medici, als Jugendliche waren Edelsteine ihr Steckenpferd. Außenpolitisch suchte sie den Ausgleich mit dem Erzfeind Habsburg. Außerdem unterstützte sie wie keine andere französische Königin vor ihr die Künste (wikipedia). Anna von Österreich wiederum galt als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit (ebd.).

Ludwig XIII. brach mit der der Friedenspolitik seiner Mutter und führte Frankreich 1635 in den Dreißigjährigen Krieg. Dessen siegreiches Ende 1648 fiel schon in die Zeit seiner Witwe, wie auch der Triumph gegen Spanien im Pyrenäenfrieden 1659. Die Regentin und ihr Land hatten sich den Habsburgern (Reichsapfel: der Kaiser und das spanische Weltreich) überlegen gezeigt.

Das Kugelkreuz kann auch als kirchlicher Ort (Kirche, Kloster, Bischofssitz) verstanden werden und dementsprechend für Kirchenmänner, Mönche oder Bischöfe stehen. So ist sie etwa das Zeichen des eremitischen Kartäuserordens. Sowohl Maria als auch Anna standen mit Richelieu bzw. Mazarin Kardinäle als Erste Minister zur Seite (bei Maria und Richelieu wurde daraus erbitterte Feindschaft). Der Bruder Richelieus war als Primas und oberster Kleriker Frankreichs ebenfalls am Hof anwesend, er hatte seine Kirchenlaufbahn als Kartäusermönch begonnen. Es ist nicht abwegig, das Kugelkreuz auch als Zeichen für den kirchlichen Einfluss am Hof zu sehen (beide Königinnen waren sehr gläubig) und für die beiden Kardinäle und ihre erfolgreiche Politik im Besonderen.

Abbildung: Die Mächtigen 1610-1661: Maria von Medici, Ludwig XIII., Kardinal Richelieu, Kardinal Mazarin, Anna von Österreich mit dem kleinen Ludwig XIV. In Marias Kleid lässt sich mit ein wenig Phantasie das Venussymbol erkennen. Vielleicht hat dieses Porträt die Erfinder auf die Idee des Königslistenbildes gebracht?

Ausgangspunkt unserer Untersuchung waren die Königsnamen. Hier setzt mit Ludwig XIII. die bis zur Revolution währende Monokultur der Ludwige ein. Hintergrund ist die die besondere Verehrung der Bourbonen für  –  na, wen?  –  Ludwig den Heiligen. Außer in der Namensvergabe schlägt sich dies auch in Kirchenbauten und Stadtgründungen nieder. Zum heiligen Ludwig kehren wir nun wieder zurück.

Die Bourbonen und Ludwig IX.

Zwischen den Bourbonen und Ludwig dem Heiligen gibt es einige auffällige Parallelen.

Genannt wurde schon das Selbstverständnis der eigenen Herrschaft (Kaisertum im eigenen Land). Es ging aber nicht nur um Eigenständigkeit, sondern auch um Überlegenheit gegenüber dem römisch-deutschen Kaisertum. Ludwig galt nach dem Tod Kaiser Friedrichs II. 1250 ohne eindeutigen Nachfolger unter den Königen Europas als primus inter pares (Erster unter Gleichen) und hatte damit quasi kaiserlichen Rang inne. Die Bourbonen besonders unter dem Sonnenkönig setzten alles daran, die Habsburger in den Schatten zu stellen und ihnen den Rang abzulaufen.

In beiden Fällen wurden energisch Ketzer bekämpft. 1229 konnte die Grafschaft Toulouse, das Zentrum der Albigenserbewegung, besetzt und großenteils der Krone zugeschlagen werden. Vierhundert Jahre später, 1629, beendete Kardinal Richelieu die bislang geltende politische Autonomie der Hugenotten und ihr Recht auf Sicherheitsplätze. 1244 wurde mit der Festung Montségur (sicherer Berg) der letzte Katharerstützpunkt erobert und das Ketzertum gewaltsam ausgerottet. 1685 hob Ludwig XIV. die religiöse Freiheit der Hugenotten auf, sie immerhin durften auswandern.

Hier wie dort wurde also das renitente Südfrankreich der Krone unterworfen. Auch anderweitig wurde jeweils die Zentralisierung des Landes betrieben und der Einfluss der Stände zurückgedrängt. In der Kunstfigur Ludwigs des Heiligen wurde anscheinend das Programm des Absolutismus angelegt, das die Bourbonen unter den Umständen des 17. Jahrhunderts umsetzen sollten und wollten.

Ludwig IX. und das Bild

Kann man Ludwig den Heiligen mit der Bildsymbolik in Verbindung bringen? Ohne Weiteres. Auch er begann als kleiner König unter mütterlicher Regentschaft. Seine Mutter Blanche von Kastilien regierte kraftvoll von 1226 bis 1234 und stand ihm auch danach aktiv zur Seite. Vor allem in ihre Zeit fiel die o.a. Bekämpfung der Katharer, die einer asketischen Lebensweise frönten, darin und im Namen den Kartäusern ähnlich (Hinweis von Christoph Pfister). Ludwig führte gleich zwei Kreuzzüge (1248 und 1270). Der erste Kreuzzug zielte auf Ägypten (Anch!), der Hauptbedrohung der Heiligen Stätten. Hier wurde er jedoch 1250 besiegt, gefangen und nur dank dem entschlossenen Vorgehen seiner Frau Margarete wieder ausgelöst.

Die Bildbezüge in der Übersicht:

  • Große Venus, kleiner Reichsapfel: Mutter/Regentin Blanche und der künftige König.
  • Große Venus, kleines Kugelkreuz: die Regentin Blanche und die unterlegenen Katharer.
  • Großes Ankh, kleines Kugelkreuz: Das mächtige Ägypten bedroht die Heiligen Stätten.
  • Großes Ankh, kleiner Reichsapfel: Das mächtige Ägypten und der unterlegene König.
  • Große Venus, kleiner Reichsapfel: Gattin Margarete und der gefangene (machtlose) König.

Erwähnung fand schon die Reliquienvorliebe des Königs, die durch die Verbindung von Dornenkrone (Kreis) und Kreuz dargestellt werden kann. Ludwig verfolgte eine streng asketische Lebensführung und trug den Beinamen Mönchskönig. Hier stand wieder das Kartäuserzeichen Pate.

Abbildung: Links Reliquien von Dornenkrone (Paris) und Kreuzesteilen (Wien) als Fotomontage, rechts das Kartäuserzeichen.

Ludwig IX. und Christus

Aus dem Bisherigen ist klar geworden, dass es sich bei Ludwig IX. um einen christlichen Vorzeigeherrscher handelt, der alles versuchte, seinem Heiland nahe zu kommen oder gar zu gleichen.

So starb Jesus bekanntlich mit etwa 30 Jahren in Jerusalem am Kreuz; dies nahm Ludwig zum Anlass, 1244 als Dreißigjähriger bis auf den Tod zu erkranken, um dann geloben zu können, im Falle der Gesundung das Kreuz zu nehmen und Jerusalem zu befreien, welches gerade an die Muslime gefallen war. Die Gelegenheit bekam er, wie wir wissen scheiterte er jedoch bereits in Ägypten; immerhin erlangte er 1250 qua Anwesenheit im Heiligen Land den Titel des Königs von Jerusalem und wandelte 1251 in Nazareth auf Jesu Spuren. Seine später gleichsam verehrte Mutter Blanche legt mit Ihrem Namen („die Reine“) einen Vergleich zu Maria nahe.

Ludwig starb im Kampf für den rechten Glauben auf seinem zweiten Kreuzzug in Karthago (darin stecken laut Pfister Katharer und Kartäuser), zwar an einer Seuche, dafür zur gleichen Todesstunde wie Christus, um drei Uhr nachmittags. Bereits wenige Jahre später, 1291, wurde er heiliggesprochen und genießt bis heute Verehrung.

Papst Innozenz IV. bescheinigte später, dass Ludwig von Christus mit dessen Krone gekrönt worden sei, und beschrieb ihn als „allerchristlichen König“ („rex christianissimus“), „Abbild Gottes“ („imago Dei“) und „Beschützer der Kirche“ („patronus ecclesiae“).

(wikipedia, Hervorhebung durch den Autor)

Wir führen diese Bezüge nicht zuletzt deshalb auf, weil sich unser Bild sich offensichtlich in mehrerlei Hinsicht auf Christus übertragen lässt: das zu Bethlehem von der Muttergottes geborene Jesuskind als künftiger Weltherrscher (Pantokrator, symbolisiert durch den Reichsapfel); die anschließende Flucht der Heiligen Familie vor den Nachstellungen Herodes‘ ins sichere Ägypten; der Tod Christi am Kreuz; nachfolgend Auferstehung bzw. Weiterleben nach dem Tod (wofür in Altägypten das Ankh stand) und Begründung des Christentums in der Welt (Kugelkreuz).

Ludwig gesellt sich zu jenen Dubletten Jesu, welche Christoph Pfister identifizieren konnte. Eine andere ist zum Beispiel Alexander der Große.

Christus und Alexander

Die vielschichtige Bedeutung des in der französischen Königsliste angelegten Bildes wurde aufgezeigt. Eigentlich könnten wir es dabei bewenden lassen. Wir wollen dennoch untersuchen, ob inhaltliche Bezüge zu anderen Epochen zu finden sind, und setzen dabei bei den von Karl III. und Heinrich II. gelieferten Jahreszahlen an.

Indem wir das Mitteljahr von Karl III. (Herrschaftsbeginn 893) und Heinrich II. (Tod 1559) bildeten, stießen wir auf Ludwig den Heiligen. Ludwigs Königtum beginnt 1226 AD, 333 Jahre nach bzw. vor diesen Daten. Wenn aber Ludwig ein alter ego Christi ist, dann liegt es nahe, versuchsweise die +-333 Jahre dem Jahr 1 AD als dem Jahr der Geburt Jesu anzutragen (ein Jahr 0 AD gibt es nicht).

Wir kommen dann zum einen auf 334 AD, da wurde in Bethlehem die Geburtskirche fertiggestellt. Es werden also die durch das Bild nahegelegten Themen der Geburt Jesu nochmals angesprochen (Muttergottes, Weltherrscher, Ägypten, Christentum in der Welt). Es kommt ein weiterer Aspekt hinzu: erst durch den Kirchenbau kann der Geburt des Heilandes gebührend gedacht werden, wird Bethlehem zur Pilgerstätte, die (etwa durch Ludwig IX.) gegen die Ungläubigen verteidigt werden muss.

Gehen wir von 1 AD 333 Jahre zurück, landen wir im Jahr -332, das ist 333 v.Chr. mit der Keilerei bei Issos. Der hier kämpfende und siegende Alexander der Große ist der klassische Weltherrscher, zu diesem Zeitpunkt erst im Werden, noch ist das Perserreich nicht unterworfen. Wo aber bleibt hier unserer oberer Bildteil?

Ein immer wieder auftauchendes Symbol orientalischer Kulturen ist der Mond in Verbindung mit dem Morgenstern, der Venus als Begleiterin der aufgehenden Sonne. Noch heute ziert es die Flagge der Türkei, persischen Münzen der Sassanidenzeit war es ebenfalls eingeprägt. Anders der als Mond (und die anderen Himmelkörper) ist die Venus als Morgenstern immer nur im Osten zu sehen, nur sie liefert eine räumliche Verortung. Daher ist die Zuordnung gerade der Venus zum Perserreich, der Großmacht des Ostens, durchaus passend.

Abbildungen: Mond und Venus zusammen am Himmel; eine persische Münze, geprägt gegen 630 AD, mit drei kleinen Mond-Venus-Symbolen.

Nach dem Sieg bei Issos stößt Alexander durch Syrien und Palästina (das spätere Heilige Land) nach Ägypten vor. Hier lässt er sich zum Pharao (Gottkönig, Gottessohn) ausrufen und besucht das Orakel in der Oase Siwa, wo ihm sein weiterer Siegeszug verheißen wird. Alexander beugt sich also der alten Tradition Ägyptens und erhält so den Ausweis seiner Göttlichkeit und die Legitimation zur kommenden Weltherrschaft. Hier haben wir einen klaren Bezug zum Bild wie auch zu Christus.

Zahlen und Bezüge

Wir experimentieren weiter mit den von Karl III. und Heinrich II. gelieferten oder bereits abgeleiteten Jahreszahlen. Zunächst bilden wir das Mitteljahr von 1226 AD und 1 AD. Dann subtrahieren wir die Beträge der Jahreszahlen (893, 1226, 1559) untereinander, so dass wir insgesamt drei Jahreszahlen aus der Zeit Alexanders und seiner Nachfolger haben. Zu diesen zählen wir dann in zwei Schritten 31*31 = 961 Jahre hinzu. Warum 961? Weil diese 1&3er-Zahl anscheinend häufiger Verwendung findet, z.B. ergibt 1 AD + 961 das Jahr 962, die Begründung des römisch-deutschen Reiches durch Otto den Großen.

Abgesehen von der 961er-Addition gehen wir genauso vor bei 929 und 1547 AD, das sind das Todesjahr Karls bzw. das Antrittsjahr Heinrichs mit dem Mitteljahr 1238. Auf diese Weise ergeben sich (mit den schon bekannten) insgesamt etwa zwanzig Jahreszahlen:

Tabelle: Aus den Daten Karls III. und Heinrichs II. abgeleitete Jahreszahlen.

Die geordneten Jahreszahlen nebst Ereignissen:

Tabelle: Die den errechneten Jahreszahlen zugeordneten Ereignisse.

Wir haben Ereignisse aus verschiedenen Epochen erhalten. Das Weltreich Alexanders ist mit Ausgangspunkt 334 vC und endgültigem Aus 281 vC vertreten, nach seinem Tod hat es kein Diadoche geschafft, die Rivalen auszuschalten und das Reich zu einen. Es erscheinen Alexanders Söhne und Erben, künftige aber letztlich verhinderte Weltherrscher, mit ihren Müttern; hier ist wieder der klare Bezug zum Bild gegeben.

613 AD beginnen die Karolinger mit ihren ersten Vertretern Pippin und Arnulf ihren Aufstieg zu König- und Kaisertum, dabei wird mit Brunehilde eine mächtige Frau zur Strecke gebracht (weitere Details sparen wir uns hier). Der beteiligte Merowinger Chlothar hat zu Beginn seines Königtums unter der Regentschaft seiner Mutter Fredegunde gestanden; wir kennen das schon. Ein weiterer früher Karolinger, Pippin der Mittlere, kann 681 AD seine Macht festigen. Er verdankt dies unter anderem seiner einflussreichen Frau Plectrudis, welche später auch Karl Martell Widerstand leisten wird.

Dramatisch ist die Entführung des Heiligen Kreuzes aus Jerusalem durch die Venus-Perser 614 AD – hier haben wir schon das spätere Kreuzzugsthema, die Schändung der Heiligen Stätten durch die Ungläubigen. Die Jahre 619 und 620 sehen das Perserreich in antiker Ausdehnung, also in Rückbezug auch auf die Alexanderzeit. 628/629 kann der byzantinische Kaiser Herakleios nach heroischen Kämpfen all dies rückgängig machen. Wie wir wissen, erwirbt Ludwig der Heilige 610 Jahre später, 1238, die Dornenkrone Christi und Teile des Heiligen Kreuzes als Reliquien.

Durch die Addition von zweimal 961 Jahren zu 334/333 vC werden die Heldentaten Alexanders und Herakleios‘ mit dem bourbonischen Königshaus verknüpft, welches 1589 die ausgestorbenen Valois beerbt, sich aber noch gegen innere und äußere Gegner durchsetzen muss; hier erringt Heinrich IV. 1590 bei Ivry einen großen Sieg.

Auch die Herrschaft Ludwigs XIII. ist geprägt von inneren Auseinandersetzungen, deren Protagonisten Richelieu und Maria von Medici beide 1642 sterben, so wie zwei Diadochen zweimal 961 Jahre früher, womit die Diadochenkriege zu Ende gehen.

Es wird insgesamt viel mir Mord und Todschlag gearbeitet, auch durch einen „guten Kaiser“ wie Konstantin den Großen. Darin spiegelt sich die Erfahrung der Bourbonenzeit. Ludwig XIII. bediente sich dieses Mittels bei der Durchsetzung seiner Herrschaft; sein Vater Heinrich IV. und dessen Vorgänger Heinrich III. waren beide ermordet worden.

Weiteres

Ein Nachtrag zum Ende Marias von Medici. Ihr Sterbeort war Köln, hier hatte sie ihr letztes Exil gefunden, in einem Haus, das einst der Familie des Malers Rubens gehört hatte. Sie lebte in ärmlichen Verhältnissen, von der Welt wenig beachtet, was man als mönchisches Dasein im Sinne der Kartäuser verstehen könnte. Dieser Orden war 1084, 558 Jahre vor ihrem Tod, von Bruno von Köln gegründet worden. Bruno ist gemäß Pfisterscher Entvokalisierung BRN, umgestellt RBN, Ruben(s). Man mag hier nicht an Zufall glauben.

Interessant außerdem:

  • Alexanders des Großen jüngerer Sohn und Erbe mit dem Namen des halbgöttlichen Helden Herakles wird 309 vC mit seiner Mutter zu Tode gebracht, womit das Haus der Argeaden ausstirbt.
  • Kaiser Herakleios‘ jüngerer Sohn und Erbe gleichen Namens (Koseform: Heraklonas) wird 638 AD Mitkaiser und herrscht 641 AD als junger Kaiser unter der Regentschaft seiner Mutter Martina (Bildbezug!); noch im gleichen Jahr werden beide vertrieben, Heraklonas stirbt.
  • Der jüngste Sohn und Erbe König Heinrichs II., Franz-Herkules (also ein französischer Herakles) stirbt 1584 AD vorzeitig und kinderlos, womit fünf Jahre später, nach dem Tod seines ebenfalls kinderlosen älteren Bruders, das Haus Valois ausstirbt.
  • zwischen 309 vC, 638 AD und 1584 AD liegen zweimal 946 Jahre.
  • Das mittlere Jahr der drei, 638, ist neben 637 auch jenes, das für die Eroberung Jerusalems durch die muslimischen Araber genannt wird. Hier liegt die eigentliche Ursache der späteren Kreuzzüge.

Abbildung: Sechs der o.a. Gestalten: Alexander der Große, Christus, Kaiser Herakleios, die beiden letzten Valois-Angoulême Franz Herkules und Heinrich III., der erste Bourbonenkönig Heinrich IV.

Zusammenfassung

Wir haben einen weiten Bogen geschlagen. Im ersten Teil dieses Artikels konnten wir die Namensmuster in der französischen Königsreihe zwischen 800 und 1600 ausmachen und die Könige entsprechend zu Gruppen und Systemen ordnen. Wir fanden wiederkehrende Strukturzahlen und die Möglichkeit der Bildung von Mitteljahren, welche allesamt mit wesentliche Daten der Kreuzzugsgeschichte zusammenfielen.

Eine Besonderheit war die Entdeckung eines durch die Namensgruppen aufgebauten Bildes. Es stellte symbolhaft die politischen Verhältnisse Frankreichs zwischen 1610 und 1661 dar, nämlich die zweimalige Regentschaft von Königswitwen für ihre noch jungen Söhne bei gleichzeitiger Beratung durch Kardinäle als Erste Minister.

Zugleich wurde der mittelalterliche Vorzeigekönig Ludwig IX. der Heilige in den Mittelpunkt gerückt. Die Mehrdeutigkeit des Bildes und verschiedene Rechenschritte erschlossen uns weitere wiederkehrende Themen und Bezüge, v.a. zu Alexander dem Großen, Christus und der Zeit von Kaiser Herakleios.

Wir haben einen Eindruck von den hier angewandten Methoden der Geschichtserfindung  gewonnen und können auch ihre zeitliche Einordnung wagen. Diese Punkte möchte der Autor jedoch erst behandeln, nachdem er weiteres Material zu den französischen Königen präsentiert hat.

Abschließend zwei Übersichten der wichtigsten entdeckten Zusammenhänge:

 

 

Quellen:

Pfister, Christoph: Die Matrix der alten Geschichte (2021).

Einige wikipedia-Artikel, Stand Mai / Anfang Juni 2021. Die wichtigsten: