Die Geschichtserfindung hantierte am Anfang mit nur wenigen Wörtern und Begriffen. Dabei kam es zu häufigen Falschlesungen, Verwechslungen und Fehlinterpretationen. Bekannt ist etwa der gekrönte Moses (Moses coronato), der als der gehörnte Moses (Moses cornuto) gelesen und abgebildet wurde.
Auch in Neapel in Italien gibt es dafür ein hübsches Beispiel:
Vor der Stadt steht im Meer das Castel dell'Ovo, zu deutsch die Eier-Burg.
Nun aber hat jenes Schloss nichts mit Eiern zu tun. Der Name ist ganz einfach eine Fehlinterpretation: Das Castel Novo= Neuburg, Neuenburg wurde als Eierburg aufgefasst. - Dabei ist doch einsichtig: Zu einer Neustadt = Neapolis gehört auch eine Neuburg = Castel Nuovo.
Ja, die offensichtliche Unkenntnis von angeblicher antiker Geschichte in Mittelalter und Früher Neuzeit ist schon erstaunlich.
So wurde der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches nicht etwa als Nachfolger “des Erhabenen“ (lat. “Augustus“) angesehen, sondern als “Mehrer des Reiches“ bezeichnet.
“Mehrer des Reiches“ galt damals als deutsche Entsprechung des lateinischen “Augustus“, und nicht etwa “der Erhabene“, was bei Kenntnis der angeblich vorher, aber in Wirklichkeit erst später entstandenen antiken Literatur ganz klar wäre.
Kaiser Augustus (angeblich der erste Kaiser überhaupt, nach dem sich laut antiker Literatur alle späteren Kaiser benannt hatten), soll viele Schriften verfasst haben. Überliefert ist aber nur der “Tatenbericht“ des Augustus (Res gestae Divi Augusti). Dieser “Tatenbericht“ soll eine Grabinschrift gewesen sein, die von Kaiser Augustus selbst stammen soll. Allerdings sind nur drei Abschriften davon erhalten, also auch hier wieder kein Original. Die erste wurde Mitte des 16. Jahrhunderts im Auftrag des römisch-deutschen Kaisers Karl V. in der Türkei “entdeckt“, zwei weitere im 19. Jahrhundert, ebenfalls in der Türkei.
Zu dem erfundenen antiken Kaiser Augustus (angeblich der erste Kaiser überhaupt, nach dem sich laut antiker Literatur alle späteren Kaiser benannt hatten), hier ein Video von mir: