Denk’ ich an Afrika in der Nacht …

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18 Dez. 2016 01:01 - 18 Dez. 2016 10:17 #11210 von Basileus
Tuisto hat im Strang zu Fomenko in der NZZ auf diesen Artikel von Heinsohn verlinkt:
www.derhauptstadtbrief.de/cms/118-der-ha...-afrika-in-der-nacht
der mir Anlass zu einer geschichtsanalytischen Überlegung war.

Guter Artikel von Heinsohn zu Afrika und was aus diesem Kontinent niemals wird.
Daher verstehe ich seinen kleinen Rückzieher
"Bis man sich um Smartphones aus Accra oder Roboter aus Lagos reißt, hat Afrika einen schweren Weg vor sich."
nicht.
Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass es auch nur halbwegs in diese Richtung geht.
Ganz im Gegenteil: Der Entwicklungsrückstand Afrikas zum Westen und Ostasien wird immer größer.

Das liegt zum einen an den Menschen, die da wohnen, aber auch am Fehlen erfundener Geschichte!

Womit wir bei Fomenko und seinem Nationalismus angekommen sind, der ja das Hauptthema des Artikels in der NZZ war.
Ich frage mich, warum noch kein Autor das interessante Problem thematisiert hat,
dass es gerade in Afrika, wo ja doch die Staatsgrenzen durch die Kolonisatoren ziemlich willkürlich gezogen sind,
keine ähnlichen Entwicklungen gibt wie etwa in Osteuropa nach 1990, wo alte oder neue Nationen
(also Populationen von Menschen mit einer gemeinsamen langen Geschichte, die sie von den Nachbarn unterscheidet)
sich eigene Staaten gründeten.

Der Grund dürfte sein, das in weiten Teilen Schwarzafrikas eine identitätsstiftende gemeinsame Geschichte solcher potentieller Nationen fehlt.

Was in der Frühen Neuzeit in Europa geschah (in Russland nach Fomenko im 18. Jh., was mit meinen Forschungsergebnissen übereinstimmt, siehe z.B.: www.bod.de/autorenpool/die-wohlstrukturi...start,15.html#215666 ),
nämlich die Konstruktion einer nationalen Vergangenheit, und auch in Asien im Zuge der Kolonisation im 17./18. Jh.,
ist in Schwarzafrika nie passiert.

Afrika, insbesondere Schwarzafrika wurde nämlich praktisch erst im 19. Jahrhundert durch Europärer kolonialisiert.
Zuvor gab es einzelne Kolonien der Portugiesen (etwa Mosambik) und Engländer (Südafrika),
die aber nur auf die Küstengebiete beschränkt waren. Es gab keinerlei Kontrolle des Hinterlandes.

Die Europäer, deren Bevölkerung die Afrikas um das Mehrfache überstieg
(1900 wohnten ca. 100 Millionen Menschen in ganz Afrika, während es in Europa direkt nebenan ca. 400 Millionen waren und in Asien über 900),
brauchten wohl auf Befindlichkeiten der lokalen Stammesfürsten keine Rücksicht zu nehmen.
Staatliche Strukturen waren damals in Schwarzafrika ebenso rar (oder noch rarer) wie in Amerika vor der Kolonialisierung.
Eine Ausnahme bildet Äthiopien, wo dann auch ganz offensichtlich die Konstruktion einer nationalen Geschichte erfolgte,
aber so plump, dass die Duplikate, die um mehrere Jahrhunderte (offizieller Chronologie) auseinanderliegen, sofort auffallen.
(siehe dazu meinen Artikel "Wer war Karl der Große wirklich?" ab "Eindeutige Parallelen mit gleichem Zeitabstand" am Ende ff. mit Literaturangaben)

Diese fehlende, gemeinsame (konstruierte und erfundene) Geschichte macht es den genuinen Völkern Afrikas so schwer,
von den kolonialen, autoritären staatlichen, Strukturen fortzukommen.


Ob das reichen würde, ist aber ohnehin fraglich.
Wenn in einer Population der Anteil derjenigen, die das Potential haben,
Maschinen erfinden und Maschinen reparieren zu können
zu gering ist im Vergleich zu der Masse derjenigen, die sie (allenfalls) mit Anleitung bedienen können,
dann wird die Entwicklung in Richtung einer HiTech-Gesellschaft ziemlich schwer - bis unmöglich.
Letzte Änderung: 18 Dez. 2016 10:17 von Basileus.

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