ISBN 978-3-906681-30-0, 259 Seiten, Grenchen bei Solothurn.
25,.. €.
www.amalia.ch
Man konnte gespannt sein, was dabei herauskommt,
wenn ein so ganz anderer Typ als Dr. Pfister diesen Gegenstand angeht.
Tatsächlich begegnen dem Leser neben mystischen Ahninnen und
Bergbusen dieselben Motive:
Die Eigentümlichkeit der Aareschlaufen um Bern,
die Ruinen auf der Engehalbinsel,
das Zinktäfelchen mit der Aufschrift:
Dobnoredo Gobano brenodor nantaror.
Derungs kennt Pfister wohl, zumindest hat er einen
frühen Artikel von 1996 gelesen und zitiert.
Auf die späteren Werke verweist nur dieser eine Satz:
„Es gibt sogar Meinungen, dass der Fluss (die Aare – HB)
‚künstlich‘ zum bestehenden Erscheinungsbild korrigiert worden sei.“
Chronologiekritisch ist Derungs wenig originell:
auf Seite 164 endet die Besiedlung der Engehalbinsel
zum Ende des 3. Jh, auf S. 258 erst um 400.
Dann klafft eine 1000jährige Lücke
zum Bau der Ägidius-Kapelle genau über dem antiken Ost-Tempel,
„die sich möglicherweise durch eine subkulturelle Tradition schließen lässt.“
Bei solchen „subkulturellen“ Traditionen sträubt sich
natürlich das Nackenhaar des chronologiekritisch
eingestellten Lesers. Man muss wohl "Kulturanthropologe"
sein, um so was zu ertragen.
Zu dem Zinktafeltext liefert Derungs eine andere
Übersetzung als Pfister –
„Dem die Unterwelt befahrenden (Schmiedegott) Gobanos,
(von den Leuten) der Siedlung Brenodor im Aaaretal.“
Das schwierigste Wort ist natürlich „dobnoredo“,
Mir gefällt diese „Unterweltsfahrt“ nicht.
Pfister übersetzte dobnoredo mit "Schmiedegott"
bzw. "Wagnergott".
Vielleicht hat jemand noch eine weitere Idee?
Derungs erscheint es (wie Pfister) nicht bemerkenswert,
dass dobnoredo und brenodor beinahe
Anagramme sind, was dem Text auf der Tafel
einen gewissen poetischen Hauch verleiht.
Nebenbei bemerkt lebt jener Schmiedegott Gobanos
heute noch in der slawischen Bezeichnung des Schmieds
weiter: dort heißt er kowal oder kovar oder kovacs.
Schmunzeln musste ich, als ich las, dass irgendwelche Holzhäuser
einen „Grundriss von etwa 7x4 Meter“ gehabt hätten. (S. 234)
So was darf kein studierter Schreiber durchlassen:
Selbst in der Schweiz haben Holzhäuser
„Grundflächen von etwa 7x4 Quadratmetern“.
Aber der Vergleich endet doch nicht 3:0 für Pfister.
Derungs hat zwei gute Ideen, deren eine eine Pfistersche
ergänzt, während die andere eine echte Alternative sein mag:
Wo Pfister – zu Recht – einen Penis erkannte (in der Stadt
Bern nämlich) – sieht Derungs den „Kessel“ der Göttin,
die jenes Teil umgibt. Männliches und weibliches
mag sich so ideal ergänzen/vereinen.
Wo Pfister eine Schwurhand sah, erkennt Derungs eine
kopflose Frauengestalt, zu der er auch ein Modell liefert.
Macht also 4:1.