Als die drei grossen Chronologen gelten bekanntlich Petavius, Calvisius und Scaliger. Der letztere ist wahrscheinlich der jüngste. Aber die zeitlichen Unterschiede waren sehr klein. Scaliger kannte auch Petavius und Calvisius.
An der Reihenfolge Scaliger-Calvisius-Petavius sollte man - meine bescheidene Meinung - nicht ohne triftigen Grund zweifeln: Calvisius lobt Scaliger, Petavius lästert über Scaliger und Calvisius. Aufgrund der Texte und Quellen in den Hauptwerken sehe ich hier keine andere Reihenfolge. Die absolute Datierung - zumal der gedruckten Werke - darf man aber durchaus hinterfragen!
CD gehört zu den wenigen - neben mir - welche die Werke der drei grossen Chronologen Scaliger, Petavius und Calvisius in den Originalen kennen.
Es ist wirklich erstaunlich, dass alle Historiker sich wie selbstverständlich einer Geschichte und Chronologie bedienen, die erst gegen 1750 vollständig ausgearbeitet wurde.
Weil die Historiker die alten Druckwerke nicht kennen, stossen sie sich auch nicht an den
Absurditäten und Widersprüchen, welche auch bei den genannten Chronologen häufig vorkommen.
Calvisius beispielsweise datiert den Vesuvausbruch "79 AD" nicht wie heute gängig auf den
24. August, sondern auf den 15. November. - Und darauf habe Rom drei Tage lang gebrannt!
Ich muss meine Meinung insofern relativieren, als ich noch keinen Blick in die Erstausgaben der entscheidenden Werke werfen konnte. Vielleicht gäbe es da und dort den einen oder anderen Hinweis, der eine andere Reihenfolge der Publikationen vermuten liesse. Die mir vorliegenden Ausgaben sind ja alle irgendwie "emendiert" ...
Mir ging es nicht anders. Die Reihenfolge des Erscheinens objektiv bestimmen zu wollen, ist äußerst problematisch. Entweder wurden die Werke vor "genehmigter" Drucklegung noch "verbessert" oder alles stammt von einer gemeinsam operierenden Gruppe, die nur nach außen durch scheinbar selbständig agierende Gelehrte auftrat.
Hederich nennt in seiner "Anleitung zu den fürnehmsten historischen Wissenschaften", Wittenberg 1711, Scaliger, Petavius und Calvisius (nebst anderen) als wichtigste Quellen zum Studium der Chronologie. Gut 100 Jahre später jedoch spielte Calvisius für Ideler ("Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie", Berlin 1825-26) absolut keine Rolle mehr, jedoch werden dort Scaliger und Petavius für ihre Verdienste um die Chronologie gelobt... Diese Tatsache scheint mir sehr bemerkenswert zu sein, weil sie die chronologische Diskussion bis heute prägt, obwohl sie den geschichtlichen Tatsachen widerspricht.
"CD" hat in seinen Beiträgen eine wichtige Erkenntnis der Quellenkritik erwähnt: Die alten Druckdaten sind ausnahmslos gefälscht, also rückdatiert oder falsch datiert.
Wenn ein gedrucktes Buch frühestens "um 1730" erschienen sein kann, ist jedes frühere Datum gefälscht.
Und ein Buch, welches als Druckdatum z.B. "1736" trägt, ist vom Inhalt her häufig erst 15 bis 20 Jahre später plausibel.
Im Forum wollen immer noch einige (Prusak, Tuisto) das Spätmittalalter samt der dazugehörigen Chronologie retten.
Damit fallen sie noch weiter zurück als Johnson (The Pauline Epistles), der jegliche Geschichtskenntnis vor 1533 bestreitet.
Und immer wieder wird das untaugliche Argument vorgebracht: Dafür dass die Geschichte erst im letzten Viertel des 18. Jhs. inhaltlich und chronologisch glaubwürdig werde, brauche es Beweise!
Aber bringen denn die Geschichtsgläubigen Beweise für ihre überlangen Epochen und ihre Schrottgeschichte?
Und immer wieder wird das chronologische Argument ignoriert: Wir können frühestens datieren ab dem Zeitpunkt, an dem die Anno Domini-Jahrzählung eingeführt und überall verstanden wurde.
Die Kunst- und Architekturgeschichte liefert die besten Argumente: Vor einer gewissen Zeit sind Bilder und Bauten unmöglich, weil ihre Inhalte und ihre Symbolik zuerst geschaffen werden musste.
Also ist die Gotik kaum vor 1730 und der Barock nicht vor 1760 möglich.
Und Zement musste zuerst einmal erfunden werden, der Buchdruck auch.
Alle gemachten Beobachtungen, so scharfsinnig und gut begründet sie auch sein mögen, scheitern an der durchgängigen AD-Zählung. Bring diese zu Fall, lieber Christoph.
Dann stehst Du zurecht auf dem Sockel, gebildet von der Masse und dem Wust der geknickten Historiker.
Mongolen und Tataren feierten so auch ihre gerechten Siege bei feinem Schmaus unter den darunter liegenden, ächzenden Leibern und knirschenden Knochen der Besiegten.
Ach, wie wunderbar bunt haben uns doch die bestallten Historiker solche Greuel und Schmerzen für die Looser und angenehme Lustigkeiten für die Sieger ausgemalt!