Pompeji - nicht der letzte Tag

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27 Mai 2009 11:32 #153 von Basileus
Neue bahnbrechende Ideen, ein neues Paradigma in einer Wissenschaft, also ein neues "Denkschema", kommen in erster Linie von Leuten, die außerhalb des offiziellen Wissenschaftsbetriebs arbeiten.

An Universitäten ist man immer der Auffassung, daß
„in dieser Wissenschaft schon fast alles erforscht sei, und es gelte, nur noch einige unbedeutende Lücken zu schließen“,
so wie es der Münchner Physikprofessor Philipp von Jolly schon in den 1870er Jahren erklärte, als Max Planck bei ihm studierte, der spätere Begründer der Quantenphysik.

Es geziemt sich auch für einen Nachwuchswissenschaftler eine bescheidene und obrigkeitskonforme Haltung anzunehmen, wie Max Planck zu dieser Zeit:
„Ich hege nicht den Wunsch, Neuland zu entdecken, sondern lediglich, die bereits bestehenden Fundamente der physikalischen Wissenschaft zu verstehen, vielleicht auch noch zu vertiefen“
Mit einer anderen Einstellung wird man da nichts.

Bei Planck war es allerdings einfacher als bei vielen anderen, da bereits sein Urgroßvater, Großvater und Vater bekannte Professoren waren, und daher der berufliche Weg damals schon vorgezeichnet war.
Trotzdem ignorierte man ihn nach seiner Habilitation in Physik, so daß er nur eine Privatdozenten-Stelle bekam. Doch letzten Endes wurde er doch Professor.

Er war dann wohl auch der einzige derjenigen Leute, die im 19. und 20. Jahrhundert ihre Wissenschaft entscheidend veränderten, indem sie einen neuen Denkansatz einführten, ein neues Paradigma, der aus dem offiziellen Universitätsbetrieb kam.

Alle anderen kamen von außerhalb, waren völlig unbekannt, und wurden teilweise zunächst von den Universitäten ignoriert.
Der größte von allen, der Berner Patentamt-Angestellte Albert-Einstein ist einer davon,
ebenso der Weltreisende Charles Darwin,
Karl Marx, der, obwohl er irrte, doch äußerst einflußreich war (bis hin zur "Frankfurter Schule" und dem Bonner und Berliner Hofphilosophen Habermas),
der Arzt Sigmund Freud, dessen Tiefenpsychologie, obwohl in der Universitätspsychologie weitgehend ignoriert, außerhalb sehr einflußreich wurde, un damit auch auf die offizielle Wissenschaft zurückwirkte.

Der etablierte Universitäts-Professor Fomenko fällt auch darunter, da er von Haus aus Mathematiker ist, und nicht in der Hierachie der Geschichtswissenschaftler aufgestiegen ist. Diese ignorien ihn daher auch weitgehend.

Die offizielle Geschichtswissenschaft ist auch ein schönes Beispiel für das Parkinsonsche Gesetz ( de.wikipedia.org/wiki/Parkinsonsches_Gesetz ).
"Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht "
Parkinson untersuchte die Königlich-Britische Marine und fand heraus, daß die jährliche Zunahme des Personals ohne Rücksicht auf die Variationen der Arbeitsmenge (also auch, wenn diese sinkt) zwischen 5,17 und 6,56 % betrug.

Er schlußfolgerte,daß das Marineministerium dann die meisten Mitarbeiter haben wird, wenn die Britische Marine keine Schiffe mehr hat.

So ist das auch mit der antiken Geschichte, teilweise auch der mittelalterlichen: Obwohl es nur rudimentäre bzw. gar keine Hinterlassenschaften aus vielen Epochen gibt, bläht sich der Stab an Personen, die sich damit beschäftigen, immer mehr auf.

Neue Betätigungsfelder gibt es in der Gschichte immer, da mit der vermeintlichen Beantwortung einer Frage zwangsläufig neue Probleme und Fragestellungen entstehen, zu deren Beantwortung weitere Mitarbeiter (wachsende Anzahl von Untergebenen) eingestellt werden müssen.

So gewinnen die etablierten Vertreter weiter Einfluß. Sie sichern desweiteren ihre Positionen, indem sie sich gegenseitig bestätigen und sich gegenseitig Arbeit, sprich Fragestellungen, schaffen.
Rivalen werden außen vor gehalten, indem man sie entweder gemeinschaftlich ignoriert oder als "unwissenschaftlich" und "Wirrköpfe" diffamiert. Das reicht fast immer aus, da die offiziellen Wissenschaftsvertreter in unserer Gesellschaft für ihr Fachgebiet einen Autoritätsstatus haben.

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27 Mai 2009 11:57 #154 von prusak
prusak antwortete auf Rein zufällig ...
Also ich hatte diesen Artikel auchgelesen,
aber nicht rein zufällig, sondern weil ich
mal aus Neugier oder Langerweile auf diese
Seite geguckt hatte.

Bei aller Kritik an den Wissenschaftsbetrieblern,
würde ich doch nie was an deren Physiognomie
festmachen. Da kann man doch leicht daneben raten.

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27 Mai 2009 12:24 #155 von Ingwer
@basileus,

Alle anderen kamen von außerhalb, waren völlig unbekannt, und wurden teilweise zunächst von den Universitäten ignoriert.
Der größte von allen, der Berner Patentamt-Angestellte Albert-Einstein ist einer davon
Naja, der Einstein als Grösster...
Er ist mittlerweile zerissen worden, auch wenn man dies Offiziell nicht so darstellt. Es soll ja auch noch kleine Hunde geben.

Alle kamen von aussen...
Das mag schon sein. Vielleicht ist es ja so, wie bei den Künstlern.
Wegen schlechter Bezahlung versteckten diese in ihren Werken
das ganze Wissen und das richtige Geschehen.
Wenn man lesen kann...

@prusak,

Nicht alle wissenschaftler - Wir sind hier in Geschichte.
Und ich würde auch nicht die Geschichtenerfinder alleine
benennen.
Da sind noch viele mit Blindheit gesegnete Wesen, die da zuhören und glauben:



Bildquelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:Walter.a...die.blinden.1991.jpg

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27 Mai 2009 17:51 #157 von Minger
Meine Wortmeldung zum FAZ-Blog wurde gestern Abend zwar binnen Minuten freigegeben, ist jetzt aber nach etwa 20 Stunden wieder entfernt worden.

Mal sehen wie lange der genographic-Link dort haften bleibt.

@prusak
In den Gesichtern kann man lesen wie in Büchern, denn sie sind Teil der jeweiligen Homoglyphe. Oder leugnen Sie es?

Das halslose Blähgesicht von Prof. Walter ist schon äusserst aufschlussreich und verheisst im Übrigen nichts Gutes.

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28 Mai 2009 08:07 #173 von prusak
"In den Gesichtern lesen wie in Büchern,
denn sie sind Teil der jeweiligen Homoglyphe.
Oder leugnen Sie es? "

Leugner leben lügend länger.

Lesen Sie mal in meinem Steingesicht neben diesem Text.
Lesen Sie mal in Tuistos Zahlengebirgen.
Lesen Sie mal Fischers Steinzeichen.
Lesen Sie mal in den Sternen.

In Prof. Walthers Foto sehe ich Unglück, Einsamkeit.
Aber vielleicht ist er der glücklichste Mann der Welt?
Anhänge:

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28 Mai 2009 10:21 #174 von Minger
Wohl kaum der Glücklichste.

Aber lesen wir Walters Text gegen den Strich.

Der flapsig-herablassende Ton fällt gleich auf:

Der Autor - kein Historiker, sondern offenbar Techniker oder Ingenieur - will beweisen,

Was ist schon der Unterschied zwischen einem Techniker oder Ingeniör, wird er sich gesagt haben, Hans wie Heiri. Hauptsache, ich bin Historiker, allein befugt zu rechten.

Am Anfang steht die Selbstenlarvung, doch von Walter sicher so nicht beabsichtigt:

daß Pompeji und Herculaneum bei dem Vesuv-Ausbruch des Jahres 79 n.Chr. gar nicht ausgelöscht und zugeschüttet wurden, sondern bis ins 17. Jahrhundert weiterblühten.

Walter hat von der These rein gar nichts begriffen. - Aber, das ist schon mein Grundeinwand gegen die Art, wie man CK verbreiten möchte: mit Pompeij kann man kaum Leute von der Problematik orthodoxer Geschichtsschreibung überzeugen. Die Heranführung ans Thema ist anderswo wesentlich leichter zu erreichen (z. B. mit der Masse an unglaublichen Datierungs-Zufällen, etwa über den Burgunderkriegen-Troja-Alexander-Nibelungen-Komplex).

Alles ziemlich wirr formuliert und keiner Widerlegung in der Sache wert.

Der Satz bringt Walters Fabel auf den Punkt. Wirr ist Walter, weil er nichts begreift. Billig sieht er den Wirrwarr beim Schreiber des Manuskripts. Hilflos flüchtet er sich somit gleich zu Beginn in die Professoren-Pose: "keiner Widerlegung in der Sache wert."

Aber damit lässt Walter es nicht bewenden. Die Sache treibt ihn um. Er informiert sich im Internet. Huch, da sieht sich einer erwischt, hat verschlafen eine Bewegung, von der er offenbar noch nie zuvor etwas gehört hat - und das in seinem Fach! Zack. Was nicht sein darf, darf nicht sein - der Satz gilt auch für ihn.

So schustert er sich alles wieder zurecht, was ihn stört. Die Russen, schon immer bekannt für Verschwörungen. Weg damit. Kann sowieso kein Russisch, doch das braucht keiner zu wissen. Schliesslich bin ich der Professor und der da, ein Ingeniör oder Techniker, jedenfalls weniger als ich, als wir.

Hier scheint mir ein Muster vorzuliegen.

Sagt Walter, nicht ich. Er ist sich nämlich nicht sicher, da oben auf den Riesen, wo er auch nicht weiter sieht.

Offenbar existiert die Subkultur eines Geschichtsrevisionismus der besonderen Art, der an der Chronologie ansetzt, um das gängige Bild gänzlich umzustürzen.

Mir graust, geht es da dem Professoren durch den Kopf, und will nicht glauben, was sich gleichsam einer Winterkirsche in seinem gehörigen Gelehrtenggemüt verfangen hat. So grübelt er weiter; kaum zu fassen:

Heribert Illig [...] und sein Vorläufer Wilhelm Kammeier sind offenbar nicht alleingeblieben.

Es gibt keine dummen Fragen nur dumme Leute:

Woher dieses Mißtrauen gegen Texte und Dokumente?

Ohnmächtig dann Walters Festsellung:

Aus einem jahrhundertelangen Prozeß der Weitergabe, in dessen Verlauf so unendlich viel verlorenging, machen die „Chronologiekritiker" eine Art Urknall der Erfindung von ganzen Epochen durch kreative Fabrikation von Überlieferungen.

In seiner schwerfälligen Art, klappert der Bielefelder nun alle Argumentarien ab, die ihm gerade in den Sinn kommen und gegenüber Unbedarften möglicherweise noch gut tönen:

Zöglinge der zahlreichen Sonderforschungsbereiche und Graduiertenkollegs, die sich der konstruierenden Identitätsstiftung durch Geschichte in allen Epochen gewidmet und Dekonstruktion auf ihre Fahnen geschrieben haben, erleben nunmehr, wie Nachbarn, mit denen man lieber nicht zusammen gesehen werden möchte, ihnen virtuell auf die Schulter klopfen und sagen: „Gut gemacht!"

Gerechtigkeit für Treitschke also - und noch mehr Leute, mit denen man nichts zu tun haben möchte.

Und flugs, ist die CK pauschal in die Ecke der Antisemiten gestellt.

Doch dann wird die zumindest noch behauptbare Nachbarschaft verlassen und der Marsch ins offene Sektierertum angetreten.

Und noch eins drauf - allerdings nicht zu Unrecht, sofern man von der anschliessenden Bemerkung Walters absieht:

Als eigentlicher Gegner steht nämlich die Katholische Kirche als Urheberin der „Großen Aktion" im Visier.

Fragen Sie eine Mediävisten, wie er es mit der katholischen Kirche hält. Die Antwort wird die letzten Zweifel aus dem Weg räumen, was von der Person zu halten ist.

Zum Schluss kehrt der aufgescheuchte Historiker-Gourmand in seine feste Professoren-Stube zurück und knallt die Tür zu, nicht ohne vorher einen letzten Furz zu lassen:

Verkehrte Köpfe dieser Art hat es schon immer gegeben. Mit ihren Vorgängern teilt die neue Generation eine erstaunliche, aber methodisch uninformierte Belesenheit und den Hang, isolierte Tatsachen und Interpretamente zu einer in sich geschlossenen Weltdeutung zusammenzunähen. Das Internet bietet ohne Zweifel ungleich mehr Möglichkeiten, sich gegenseitig zu belehren und zu bestätigen, als eine hektographierte ‘Zeitschrift' das vor dreißig Jahren vermocht hätte. Und ‘normale' Historiker haben jetzt leichter die Gelegenheit zu sehen, daß sie es im großen Park der Geschichtskultur nicht nur mit Unkenntnis und Unterhaltungsbedürfnissen, sondern bisweilen auch mit seltsamen Arten von ‘Wissen' zu tun haben.

Es wird interessant zu sehen sein, ob sich Walter zu einem Follow-up bemüssigen wird oder die Sache dann doch lieber bis an sein Lebensende aussitzt.

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28 Mai 2009 12:01 #175 von Ingwer
@Minger,

Historiker Uwe W.
Schliesslich lehrt der Mann ja in der Stadt, welche es eigentlich gar nicht gibt.
Genausowenig, wie seine schönen, gelehrten Geschichten!

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28 Mai 2009 13:01 - 28 Mai 2009 13:03 #176 von Dieter-Bremer
Ich stimme dem vor-vorgehenden Beitrag von Minger in allen Punkten zu.

Was mir aber am meisten Freude gamacht hat, war das Lesen dieses Beitrages. Die Wortwahl, die Sätze, der Witz. Klasse!
Letzte Änderung: 28 Mai 2009 13:03 von Dieter-Bremer.

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28 Mai 2009 17:18 #177 von prusak
Tatsächlich gibt es diese Professoren allerorten.
Hier in Rostock wechselt einer immer die Straßenseite,
wenn er mich kommen sieht.

Aber Bielefeld gibt es wirklich:

"Bielefeld: Erste europäische Bienen-Webcam.
Mit einer Webcam von Langnese kann man künftig
im Internet einen Bienenstock im Botanischen Garten
in Bielefeld beobachten. Sie zeigt das rege Treiben
der fleißigen Honiglieferanten. Dazu werden aktuelle
Wetterdaten und das Gewicht des Bienenstockes angezeigt."

Wer sich mal den Plan von Bielefeld anguckt,
wird die Biene bald finden, auch ohne webcam.
Vielleicht heißt sie Walter und nährt sich
vom Nektar der historischen Wissenschaften.

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28 Mai 2009 18:38 #178 von Scharlmanje
Ich dachte, ich blättere mal eben durch Wikipedia, um zu sehen, ob "Bielefeld" wohl ein Bienenfeld ist. Dabei sprang mir dieser Satz in die Augen:

Um 1240 begann der Bau der Sparrenburg am westlichen Hang des Sparrenberges, die urkundlich erstmals 1256 erwähnt wird und nach ihrer Fertigstellung als Wohnsitz des Landesherrn und seines Gefolges diente.

Ich vermute der Beginn der Bautätigkeit wurde nur intern getwittert und irgendwann ist den Geschichtlern das TwitterLog in die Hände gefallen.

Das erklärt vielleicht auch den rührigen Professor: Er ist seiner inhaltsfreien Polemik 16 Jahre voraus.

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